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Ein Gang in und durch die Gedächtniskirche
Außerhalb der Kirche befinde ich mich bereits in der Kirche. Auf dem Platz, den der Brunnen des Strümpfelbacher Bildhauers Karl Ulrich Nuss verschönert und künstlerisch akzentuiert, stand die erste, 1899 eingeweihte Gedächtniskirche, nach Osten ausgerichtet. Von der 1943 durch Bomben zerstörten Kirche blieb nur der beschädigte Turm stehen, jetzt klinkerummantelt.
Hier leuchten Worte aus Psalm 105, 5: „Gedenket seiner Wunder, die er getan hat, und der Gerichte seines Mundes." Die erste Gedächtniskirche hat Julius von Jobst zum Gedenken an seine früh verstorbene Frau Mathilde gestiftet. Die zweite stellt die Märtyrer des Glaubens vor. Diese Kirche soll an Gottes Wirken erinnern.
Der Eingangsbereich ist wie eine verlängerte Türschwelle als Foyer gestaltet. Nach dem Eintritt durch die innere Tür überrascht mich die Größe des vom Architekten Helmut Erdle geschaffenen, weit gespannten und nun nach Norden ausgerichteten festlich wirkenden hellen Kirchenraums aus dem Jahre 1957.
Die Orgelempore zieht meinen Blick auf sich (Wir sollen Gott loben mit Tönen und Liedern), darunter der Taufstein (Alle Getauften gehören zur Kirche Jesu Christi), dann die Kanzel (Das Evangelium muss verkündigt werden) und der Altarraum (Eingeladen sind wir zum Tisch des Herrn). Das Licht strahlt vormittags von Osten in den Altarraum durch die Fenster des Glasmalers Christian Oehler, je nach Jahreszeit in unterschiedlicher Intensität der Sonnenfarbe Gelb und der Himmelsfarbe Blau mit roten Einsprengseln.
Um mich mit der Altarskulptur anzufreunden, muss ich mich zuerst einmal setzen. Fünf Brote und zwei Fische hat der damals dreißigjährige Emil Cimiotti als Relief in den Muschelkalkblock gehauen. Den Altar, dieses wuchtige Prinzipalstück, schmücken sechs golden glänzende Leuchter und das Kreuz aus Bronze. Die aufgeschlagene Bibel liegt oben auf. Über allem schwebt Cimiottis Betonplastik des die elf Jünger segnenden und sendenden auferstandenen Christus: „Geht hin in alle Welt!"
Links vor dem Altarraum an der Wand entdecke ich das ebenfalls aufgeschlagene Gedenkbuch. Es begleitet die Kirchengemeinde durch das Kirchenjahr und verbindet die Erinnerungen des Volkes Gottes und das Gedächtnis Jesu Christi mit den Gottesdiensten der Gemeinde. In dem Buch sind die Namen von Märtyrern der Christenheit verzeichnet und von Gemeindegliedern, die in den beiden Weltkriegen gefallen sind oder durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen.
Die schlichte und handwerklich sauber gearbeitete Kanzel, das zweite Prinzipalstück, kann von überall im Kirchenraum gesehen werden. Alle sind angesprochen in einer auf Gottes Wort hörenden Gemeinde.
Für das dritte Prinzipalstück, den aus Muschelkalk geschaffenen Taufstein, hat der Künstler Jürgen Weber einen Bronzedeckel gestaltet. Dargestellt ist die Taufe des vor Johannes knienden Jesus. Im Rundfenster aus Betonglas fallen Sonnenstrahlen auf das Taufwasser. Das in sich selbst leuchtende Fenster gibt der Taufkapelle eine eigene und sich im Tagesverlauf verwandelnde Atmosphäre.
Auf der rückwärtigen Südseite erzählt das zwölfteilige Fensterband von Christian Oehler in glühenden Farben vom Erzmärtyrer der Kirche, dem gekreuzigten Christus. Von links erkenne ich vier Zeugen des Ersten Testaments: Schadrach, Meschach und Abed-Nego, die drei Männer im Feuerofen und Daniel in der Löwengrube. Von rechts drei Zeugen des Neuen Testaments: Den Kopf des enthaupteten Täufers Johannes, Stephanus, wie er gesteinigt wird und den Apostel Paulus im Gefängnis.
Über dem Fensterband, an der Emporenwand, nimmt das andere Betonglasrundfenster, das den Erdball darstellt, die Farbtöne aus dem Altarraum auf und verklärt sie durch eine Kreuzform in reines Licht: Ewiges Leben.
Ich verlasse die Kirche durch das Foyer und bin doch schon auf dem Kirchplatz. Draußen und Drinnen gehören zusammen.
Quelle: Kirchenführer 2006
1896 - 99 | Bau der neugotischen Gedächtniskirche nach Plänen von Prof. Reinhardt | |
1943 | April und Juli | Zerstörung der Kirche im zweiten Weltkrieg durch Bomben |
1954 | März | Architektenwettbewerb, Ausschreibung |
1955 | 2.2. | Preisgericht entscheidet über den Wettbewerb |
9.2. | Brief v. Pfr. Dr. Jetter ans Stadtdekanat: Die Entwürfe der Preisträger Kiemle und Fritz sollen überarbeitet werden, auch Arch. Erdle (1.Ankauf) soll seinen Entwurf überarbeiten. | |
März | Die Architekten Kiemle, Fritz und Erdle überarbeiten jeweils ihre Entwürfe. (Erdle muß auf den von ihm vorgeschlagenen neuen Turm an der Straßenecke Lessing + Hölderlinstr. und auf einen großen Chorraum verzichten) | |
17.3. | Pfr. Dr.Jetter verabschiedet die Preisträger Kiemle und Fritz und erklärt Arch. Erdle gegenüber das Interesse an der Fortsetzung der Zusammenarbeit | |
September | Reinzeichnung Erdle von neuer Kirche mit altem Turm und Entwurf einer Turmummantelung, dafür 5 Fassadenvarianten | |
Oktober | Baugesuch (mit 2 Fassungen zum Turm: repariert und ummantelt) | |
10.10. | Brief Dr.Jetter ans Stadtdekanat: Alter Turm soll nicht repariert werden. | |
Dezember | Erdle zeichnet letzte Detailfassung der Emporenlösung und erste Turm-Ummantelung mit Bläserbalkon | |
1956 | Anf. | Baubeginn |
Februar | Akustik-Gutachten Dr. Zeller: Bretterdecke empfohlen | |
5.5. | Grundsteinlegung | |
September | Richtfest | |
10.10. | Dr. Jetter schreibt Brandbrief an Arch. Erdle wegen schleppender Planungsarbeit. Deutlicherer Folgebrief am 24.11. | |
1957 | April |
2. Preisgericht zum Thema der künstlerischen Innenausstattung: Entwürfe des Bildhauers Cimiotti und Glasmalers Christian Oehler werden zur Ausführung empfohlen. |
1.12. | Einweihung der Gedächtniskirche | |
1963 | Gedächtnisfenster am Turm | |
Zum 50-jährigen Jubiläum gab die (Ende 2001 fusionierte) Gedächtnis- und Rosenbergkirchengemeinde einen kleinen Führer heraus.
In ihm befindet sich ein umfangreicher Aufsatz von Dr. Norbert Bongartz, hier zum Download [47 KB]
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Ebenso zum Download sein Vortrag, gehalten im Rahmen der Jubiläumsfeiern am 18.04.2007 [50 KB]
Zusätzlich zum Kirchenführer erschien eine Broschüre "Jubiläumsjahr 2006 / 2007", in welcher ebenfalls die beiden Gemeinden und Kirchen vorgestellt werden. Außerdem findet man dort eine Übersicht der in den neuen Kirchen seit Beginn Tätigen - bis 2006.
Links:
Kirchen in Stuttgart (Gesamtübersicht bei Wikipedia)
Gedächtnis- und Rosenberggemeinde
Bilder der alten und der zerstörten Gedächtniskirche
Informationen auf www.kirchbau.de
Helmut A. Erdle (1906 - 1991), Architekt der neuen Gedächtniskirche
- auf Facebook,
- Baufachinformationen.de
- SAAI (Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau)
In der Kirche ist auf einem Glas-Pult links des Altarraums das Gedenkbuch der Gedächtniskirche aufgestellt. Inhalt u.a:
ZUM GELEIT - DIE STIFTUNGSURKUNDE DER ALTEN GEDÄCHTNISKIRCHE - DIE ALTE GEDÄCHTNISKIRCHE - DIE NEUE GEDÄCHTNISKIRCHE - SCHLUSSWORT DES GEMEINDEPFARRERS BEI DER KIRCHWEIHE - CHRONIK DER GEDÄCHTNISKIRCHENGEMEINDE (TEIL I - III) - «DIE WOLKE DER ZEUGEN» MÄRTYRER DER CHRISTENHEIT - IMPRESSUM
Bibeltexte zu "Gedächtnis", Holzschnitte
Alle "historischen" Texte zum Download über den Link zum Gedenkbuch
Dank
an Prälat i.R. Martin Klumpp und Dekan i.R. Hans-Peter Ehrlich für ihre Texte, an Dr. Norbert Bongartz und Lothar Müller für ihre engagierte Mitarbeit an dieser Website.
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Für Werner Jetter, den damaligen Pfarrer der Gedächtnisgemeinde, war der Bau dieser Kirche ein Höhepunkt seines Lebens. Er empfand es als ein besonderes Privileg eine Kirche für unsere jetzige Zeit theologisch zu konzipieren. Ähnlich wie die mittelalterlichen Kirchen und die Barockkirchen ist die Gedächtniskirche ein aus theologischer Reflexion heraus gestaltetes Gebäude. Das ist nichts einfach nur "schön" im ästhetischen Sinne. Es ist auch nicht einfach "modern", sondern der Versuch, heute in unserer säkularisierten Zeit theologisch relevant zu bauen.
Der Entwurf der Gedächtniskirche transformiert die klassischen Formen von Kirchenbau auf sehr überlegte Weise in die Moderne hinein. Sie ist eine "moderne" Kirche, in der jedoch die seit dem Mittelalter bekannte Grundkonzeption des Kirchenbaus erhalten bleibt.
Jetter war ein Anhänger Dietrich Bonhoeffers, der zur Bauzeit noch viel bekannter war als heute. Seine Botschaft hieß "weltlich von Gott reden", einen Sakralraum schaffen, in dem die Welt Platz hat. Die Sakralität entsteht nicht durch Entfernung von der Welt, sondern durch die Gegenwart Gottes in der gar nicht so sakralen, sondern von Krieg und Katastrophen gezeichneten Welt. So wird der Name "Gedächtniskirche" aktualisiert. Gedenke, dass Gott auch dort ist, wo kein Gott zu sein scheint. Deshalb bleiben die Ruinen der alten Gedächtniskirche als Erinnerung an die furchtbaren Kriege sichtbar. Deshalb liegt das Gedächtnisbuch mit den Namen der Kriegs- und Märtyrertoten dort, wo die Gebetsbank in den alten Kirchen stand. Dieser Gedanke zieht sich auch durch die ganze Sachlichkeit und Schlichtheit des Baustils.
Fortsetzung der Betrachtungen von Martin Klumpp
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Abbildung: Südwand außen -
Abbildung: Südwand außen - Fenster Erdball -
Abbildung: Südwand außen - Märtyrerfenster -
Abbildung: Blick auf das Fenster Orgelempore - Verdeckt: Zugang zur Taufkapelle / Orgelempore
Abbildung: Fenster im Turm - Gut erkennbar der "alte" Turm und die neue Ummantelung (Backstein)
Abbildung: Blick nach Osten - von der Hölderlinstraße · Nur die alte Kirchturmspitze ragt keck aus der modernen Ummantelung heraus
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Abbildung: Fenster im Turm - Gut erkennbar der "alte" Turm und die neue Ummantelung (Backstein)
Abbildung: Fenster im Turm - Gut erkennbar der "alte" Turm und die neue Ummantelung (Backstein)
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Das Geläute der Gedächtniskirche greift deren Thema auf: das Gedenken Jesu Christi, des Herrn der Kirche, und seiner Blutzeugen, das bereits in Christian Oehlers Fensterband unter der Rückempore farbkräftig Ausdruck gefunden hat:
So trägt die größte Glocke, die in dis' gestimmte Dominica, das Kreuz und die Aufschrift: „Halt im Gedächtnis Jesum Christum, der auferstanden ist von den Toten." Auf der Betglocke, in fis' gestimmt, steht: „Deine Gebete sind hinaufgekommen ins Gedächtnis vor Gott." Sie ist dem Andenken des 1945 im KZ hingerichteten Theologen Dietrich Bonhoeffer gewidmet. „Gedenket der Gebundenen als die Mitgebundenen und derer, die Trübsal haben, als die ihr auch noch im Leibe lebet", steht ebenfalls auf dieser Glocke, die während des Gottesdienstes das Vaterunser begleitet. Die gis'-Glocke, die Sterbeglocke, erinnert an Stephanus, den ersten Märtyrer der Christenheit, und steht für alle Märtyrer der alten Kirche. „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf" und „Gedenket an den, der ein solches Widersprechen von den Sünden wider sich erduldet hat, dass ihr nicht in eurem Mut matt werdet und ablasset" steht auf ihr geschrieben. Sie läutet zu Beginn des Trauergottesdienstes für ein verstorbenes Gemeindemitglied und karfreitags um 15 Uhr zur Sterbestunde Christi.
Die in h' gestimmte Zeichenglocke erinnert die Gemeinde an den nahenden Gottesdienstbeginn. Der Vorreformator Petrus Waldus ist auf ihr stellvertretend für jene Gruppe evangelischer Christen genannt, die im Laufe ihrer Geschichte am meisten für ihren Glauben mit dem Leben bezahlt hat. Die Aufschrift dieser Glocke lautet: „An welchem Ort ich meines Namens Gedächtnis stiften werde, da will ich zu dir kommen und dich segnen." Die Taufglocke ist als die kleinste Glocke in cis" gestimmt und erklingt während der Taufhandlung. Auf ihr steht der Zuspruch Christi: „Ich will aber gedenken an meinen Bund, den ich mit dir gemacht habe zur Zeit deiner Jugend." Die Glocke ist nach dem baltischen Märtyrer Traugott Hahn benannt. „Ihr sollt meine Zeugen sein bis an der Welt Ende" ist unter seinen Namen gesetzt. Die Glocken haben ein Gewicht von 1357, 786, 548, 330 und 237 kg.
Das 1957 bei H. Kurtz gegossene Geläute stellt in seiner Tonfolge das verdoppelte Te-Deum dar. Die drei größten und die drei kleinsten Glocken (die Mittelglocke gis tritt zweimal auf) bilden jeweils die Anfangstöne des Chorals „Herr Gott, dich loben wir". Ergänzt durch die Glockentöne der Rosenberg-, Johannes- und Pauluskirche ergibt sich für die evangelischen Geläute der Stuttgarter Weststadt die lückenlose mixolydische Tonleiter von h° bis cis".
Claus Huber, Glockensachverständiger
Lothar Müller, Mesner
Quelle: Kirchenführer 2006
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Abbildung: Kirchplatz - Blick zum Haupteingang - rechts im Turm oben das "Ackermann-Fenster", darunter das "Gedächtnis-Fenster"
Abbildung: Gedächtnisfenster -
Abbildung: Gedächtnisfenster - oben -
Abbildung: Gedächtnisfenster - Mitte -
Abbildung: Gedächtnisfenster - unten -
Gedenket der Gefallenen [1914]
Vermissten und Versehrten [1915]
Der Todesängste in den Bombennächten [1916]
Der Einsamkeit der Witwen und Waisen [1917 1918]
Gedenket seiner Wunder die er getan hat
und der Gerichte seines Mundes Psalm 105 5
[1939 1940] Des Heimwehs der Gefangenen
[1941] Der zerstörten Häuser und Kirchen [1942]
Der ungezählten Opfer von Willkür und Gewalt [1943]
Und aller die litten und starben in bitterem Widerstand [1944 1945]
Anmerkung:
Psalm 105, 1 - 5 im Originalwortlaut
(1) Danket dem HERRN und rufet an seinen Namen; verkündigt sein Tun unter den Völkern! (2) Singet und spielet ihm, redet von allen seinen Wundern! (3) Rühmet seinen heiligen Namen; es freue sich das Herz derer, die den HERRN suchen! (4) Fraget nach dem HERRN und nach seiner Macht, suchet sein Antlitz allezeit! (5) Gedenket seiner Wunderwerke, die er getan hat, seiner Zeichen und der Urteile / Gerichte / seines Mundes
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aus dem Vortrag von Dr. Norbert Bongartz:
"...Pfarrer Jetter scheint später in Peter Kreyssig einen würdigen, ähnlich selbständig denkenden und handelnden Nachfolger gefunden zu haben. Das zeigt sich an dem im Frühling 1963 von Kreyssig angestoßenen und gegen den Widerstand der Gesamtkirchenpflege und des OKR und des Architekten im Herbst durchgeführten Projekts des Gedenkfensters am Turm der Gedächtniskirche. Aus heutiger Sicht ist dieser Widerstand völlig unverständlich..."
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im September 2015 erreichte mich der Hinweis, für den ich herzlich danke, dass das Gedächtnis-Fenster geschaffen wurde von:
Gottfried Prölss
geboren 1927, studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und arbeitete als Grafik-Designer und Innenarchitekt, sowie als Assistent am Lehrstuhl Prof. Debus an der TH Stuttgart. Auch als Dozent und Studiendirektor an Fach- und Hochschulen war er tätig. Seit 2001 lebt der Künstler in Friedrichshafen. (Quelle der Bio: Südkurier)
Karl Ulrich Nuss, Bildhauer (* 1943): Brunnen auf dem Kirchplatz (1984), Familien-Skulptur vor dem Gemeindehaus
- Wikipedia
- Eigene Website
Abbildung: Kirchplatz - Brunnen - (Karl Ulrich Nuss)
Abbildung: Kirchplatz - Brunnen - (Karl Ulrich Nuss)
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Abbildung: Kirchplatz - Brunnen, Haupteingang -
Wie viele spätgotische Hallenkirchen wird die Gedächtniskirche nicht von hinten her, sondern von der Seite her erschlossen. Wer die Kirche betritt, ist sofort in der Mitte der Kirche. Sie hat zwar einen "Chor", aus dem die Botschaft hervorleuchtet. Dieser Chor bewirkt aber -nicht wie im mittelalterlichen Kult- eine Trennung zwischen sakramentalem Geschehen und Laiengemeinde. Er ist ganz zur Gemeinde hin geöffnet. Die Unterscheidung Chor und Gemeinde bedeutet, dass das Heil nicht von der Gemeinde selbst gemacht wird, sondern von außen zu ihr kommt. Das wird ganz stark durch die bewegende und lebendige Lichtführung im Chor ausgelöst. Symbol für dass Heil ist Licht. Die Gedächtniskirche knüpft auch damit die mittelalterliche Tradition an, führt sie aber "evangelisch" weiter.
Dieses Energie- und Kraftfeld wird auch durch die Technik der Betonglasfenster angedeutet. Kennzeichen der mittelalterlichen Gotik war das Aufbrechen der Mauern durch großflächig bemalte Fenster. "Ex oriente lux", "das ewig Licht geht da herein". Die Gemeinde versammelt sich zwischen Mauern, die aber gerade nicht geschlossen, sondern von Licht durchbrochen sind.
Fortsetzung der Betrachtungen von Martin Klumpp
Abbildung: Vorraum (mit Oferstock) - Blick ins Kirchenschiff (r) und Gemeindesaal (l) bei geöffneten Kirchentüren
Abbildung: Eingangsbereich - Gegenblick - zum Treppenhaus im Turm
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Die beiden Bankreihen sind unterschiedlich breit und verlaufen nicht im rechten Winkel zum Altar. Zur Verdeutlichung ist die Deckenachse als blauer Strich auf die Bankreihe gespiegelt:
Abbildung: Treppenhaus im Turm -
Abbildung: Übergang Längsempore - Hauptempore -
Abbildung: Originale Egon-Eiermann-Klappstühle -
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Alle Einzelbilder sind durch Klick ins Bild 2 x vergrößerbar
Abbildung: Emil Cimiotti: Relief und Altar -
Abbildung: Altarraum Ostwand Glasfenster - Christian Oehler
Abbildung: Altarraum Ostwand Glasfenster -
Abbildung: Altarraum Ostwand Glasfenster - Ausschnitt
Abbildung: Blick von der Hauptempore - zum Altarraum
In der nachfolgenden Galerie sehen Sie Bilder des Altarraums mit Relief und Altar, aufgenommen am 30.08.2013 im 4-Minutenabstand ab 7 Uhr 45 bis kurz vor 11 Uhr. Die Uhrzeit ist bei den Bildern unten ablesbar.
Ca. 9 Uhr 30 beginnt das Lichtband des Fensters von der Orgelempore den Altarraum zu erleuchten - gleichermaßen verschwindet sukzessive das Oehlersche Farbspiel auf der Nordwand.
Bei raschem Klick auf nächstes Bild entsteht eine Zeitraffer-Situation.
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Abbildung: Kanzel -
Abbildung: Taufkapelle - mit dem Grundstein der Kirche, darunter Ablage für den Deckel der Taufschale. Osterkerze
Abbildung: Grundstein in der Taufkapelle -
In der Taufkapelle unter der Orgelempore, dennoch zugleich im Kirchenschiff, steht der Taufstein, zusamt dem bronzenen Deckel, der die Taufe Jesu durch Johannes abbildet, ein Werk des Bildhauers Jürgen Weber. Das Rundfenster dort versinnbildlicht mit seinen Farben das Taufgeschehen - Wasser und Licht (Geist). Auch ist in der Taufkapelle der Grundstein der neuen Kirche zu sehen.
(Gedenkbuch – „Die neue Gedächtniskirche“)
Jürgen Weber, Bildhauer (1928 - 2007)
- Wikipedia
Abbildung: Taufstein und -becken - geschlossen
Abbildung: Taufstein und -becken - geöffnet
Abbildung: Fenster in der Taufkapelle - (mit Blitzlicht von innen)
Abbildung: Fenster in der Taufkapelle - (mit Licht von Außen)
Abbildung: Drei Fenster im Schiff - Ostwand -
Abbildung: Fensterwand im Gemeindesaal - (Westwand)
Abbildung: Fenster (Auschnitt) - Empore Westwand
Abbildung: Fenster Aufgang zur Orgelempore - 1. Treppenabsatz (Ostwand)
Abbildung: Fenster Orgelempore - nach Süden gerichtet
Abbildung: Fenster Hauptempore - nach Osten gerichtet
Abbildung: Lichtband - unter der Hauptempore
Abbildung: kleines Fenstermosaik - Südwand unter Hauptempore
Abbildung: kleines Fenstermosaik - Südwand, Hauptempore
Das obere Rundfenster an der Südseite zeigt nicht nur den "Erdball", sondern steht für Schöpfung. Im Licht bildet sich Ordnung der Materie und Leben. In diese Schöpfung hinein ist aber das lebendige Kreuz schon eingezeichnet. Die Liebe Gottes, die sich in der Inkarnation des Christus offenbart und sich am Kreuz zuspitzt, liegt schon der Schöpfung zugrunde. Das war eine ganz wichtige Aussage des berühmten Theologen Karl Barth, dem Werner Jetter verpflichtet war. Daraus ergibt sich ein Zwischenraum, ein Energiefeld zwischen Schöpfung (Südfenster) und Auferstehung (Altarwand). Die Gemeinde befindet sich im Gottesdienst immer in diesem Kraftfeld zwischen den beiden großen Taten Gottes: Schöpfung und Auferstehung. Der Altartisch steht für das Symbol Abendmahl, in dem diese großen Taten Gottes gefeiert werden.
Dieser theologische Gedanke wird zusätzlich unterstrichen durch die bewusst angeordneten Emporen, deren Brüstungen besonders betont und schön geschwungen ausgeformt sind. Chor und Gemeinde, Chorempore und Gemeindempore sind einander zugeordnet, entsprechend dem Wechselgesang der Cherubim und Seraphim. Dadurch entsteht fast ein schiffsartiges Oval, in dem die Gemeinde vereint ist.
Fortsetzung der Betrachtungen von Martin Klumpp
Abbildung: Blick auf die Südwand mit den Glasfenstern - oben: Der Erdball · unten: Das Märtyrerfenster
Verwiesen sei hier auf den Bildband:
Günther Wirth, Botschaft der Taube
Leben und Werk von Christian Oehler
Herausgegeben von Eberhard Hübner und Hugo Schuler
Kreuz Verlag Stuttgart / Zürich 1989
ISBN 3 7831 1004 1
auf den S. 214 - 220 werden die Fenster der Gedächtniskirche ausführlich beschrieben.
Ebenso auf:
CHRISTIAN OEHLER, BETONGLASFENSTER
AUSGEWÄHLT UND EINGELEITET VON FRANZ HENEL
VERLAG ERNST KAUFMANN • LAHR
Darstellung im Textteil ab S. 6 und viele Bilder.
Beide Bücher sind vergriffen aber antiquarisch erhältlich - sie sind auch in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart vorhanden (Lesesaal).
Alle Einzelbilder sind durch Klick ins Bild 2 x vergrößerbar
Abbildung: Das Märtyrerfenster unter der Hauptempore - (Schiff, Südwand)
Abbildung: Das Märtyrerfenster -
Abbildung: Das Märtyrerfenster - links - vier Zeugen des Ersten Testaments: Schadrach, Meschach und Abed-Nego, die drei Männer im Feuerofen und Daniel in der Löwengrube
Abbildung: Das Märtyrerfenster - Mitte - Der gekreuzigte Christus, Abendmahl- & Martersymbole
Abbildung: Das Märtyrerfenster - rechts - Kopf des enthaupteten Täufers Johannes, Stephanus, wie er gesteinigt wird und Apostel Paulus im Gefängnis
Abbildung: Blick zur Hauptempore - Glasfenster "Der Erdball"
Abbildung: Glasfenster "Der Erdball" -
Abbildung: Doppelseite aufgeschlagen Ende August 2013 -
Alle Texte können als Word-Datei geöffnet werden
ZUM GELEIT [30 KB]
DIE STIFTUNGSURKUNDE DER ALTEN GEDÄCHTNISKIRCHE [23 KB]
DIE ALTE GEDÄCHTNISKIRCHE [27 KB]
DIE NEUE GEDÄCHTNISKIRCHE [37 KB]
SCHLUSSWORT DES GEMEINDEPFARRERS BEI DER KIRCHWEIHE [26 KB]
CHRONIK DER GEDÄCHTNISKIRCHENGEMEINDE (TEIL I - III) [44 KB]
«DIE WOLKE DER ZEUGEN» MÄRTYRER DER CHRISTENHEIT [30 KB]
Abbildung: Gedenkbuch - Impressum -
Zuletzt noch ein Wort zur wohl überlegten Anordnung von Altar und Orgel. Jetter war ein hervorragender Lutherkenner. Er kannte dessen Aussagen zur Musik als Form der Verkündigung, bzw. als Ereignis von Gottesgegenwart. J.S. Bach: "Bei einer andächtigen (ernsthaften) Musique ist allezeit Gott mit seiner Gnadengegenwart". Man spricht deshalb von den "zwei Kanzeln" in der evangelischen Kirche.
Das ist kein "Zugeständnis" an die Zunft der Musiker, sondern theologisches Programm. Das Wort bringt sachlichen Inhalt und die Musik das Schwingen des Geschehens, das Ereignishafte des "Wortgeschehens", wie ein guter Freund Werner Jetters Gerhard Ebeling es ausdrückte. Beides ist in der Gedächtniskirche theologisch deutlich und bewusst zusammen geordnet.
Abbildung: Türe zur Orgelempore - mit Orgelpfeifen aus Glas
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Gebaut 1957 von der Orgelbaufirma E. F. Walcker & Cie. Ludwigsburg, opus 3591
Hauptwerk I. Manual C-c““ | Schwellwerk II. Manual C-c““ | Rückpositiv III. Manual C-c““ | Pedal C – f’ |
Pommer 16' Prinzipal 8' Gemshorn 8' Oktave 4' Nachthorn 4' Nasat 2 2/3 Feldflöte 2' Mixtur 6fach Trompete 8' |
Rohrflöte 8' Quintatoen 8' Prinzipal 4' Blockflöte 4' Koppelflöte 2' Oktav 2’ Oktävlein 1' Scharf 5fach Terzzimbel 3fach Dulzian 16' Krummhorn 8' Tremulant |
Singend Gedackt 8’ Querflöte 4’ Harfenprinzipal 2’ Spitzquinte 1 1/3’ Sesquialtera 2fach Kleinmixtur 3fach Vox humana 8’ Tremulant |
Prinzipal 16' Subbass 16' Oktavbass 8' Spitzflöte 8' Choralbass 4' Bauernflöte 2' Hintersatz 4fach Fagott 16' Posaune 8' |
Schleifladen, elektrische Spiel- und Registertraktur, sechs Setzerkombinationen, zwei Festkombinationen (Tutti und Organo Pleno), Walze, Schwellwerk zum zweiten Manual, Zungenabsteller.
Koppeln: II/I; III/I; III/II; I/Pedal; II/Pedal; III/Pedal.
Fahrbarer Spieltisch; Radialpedal.
Abbildung: Stiftertafel -
so lautet die Inschrift der Stiftertafel und fährt fort:
In Dankbarkeit für das hier verkündete Gotteswort haben wir zum Gedächtnis an unsere Söhne
+ Emil + Georg + Friedhelm +
die Orgel in dieser Kirche gestiftet. Wilhelm und Käthe Häfele
S. D. G.
(Soli Deo Gloria)
Die drei Söhne des Ehepaars Häfele sind im 2. Weltkrieg ums Leben gekommen.
Evangelische Gedächtniskirche fotografiert am 25./26./29./30.08./04.12.2013
Ergänzt am 14.11.2013 mit den "Betrachtungen von Dekan i. R. Martin Klumpp", weitere Informationen und Downloads am 18.12.2013
(c) 2013 Foto-Kunst Andreas Keller - Ehrenhalde 14, 70192 Stuttgart
Auf Kirchen-Online veröffentlicht am 20.09.2013 / 14.11.2013 / 18.12.2013
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